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Kiffen erlaubt, besitzen verboten? Gegen das paradoxe deutsche Cannabis-Verbot wächst der Widerstand
Cannabis fällt in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz. Daraus geht hervor: Konsumieren ist erlaubt, aber Besitz, Handel und Anbau von Cannabis sind verboten. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass kleine Mengen dabei strafrechtlich geduldet würden. Tatsächlich liegt die Grenze des Gesetzes aber bei Null. Die berühmt berüchtigte „geringfügige“ Menge“ kann lediglich dazu führen, dass das Verfahren eingestellt wird – und in den meisten Fällen findet das auch statt. Darauf kann man sich aber nicht verlassen, denn die Entscheidung liegt im Ermessen des jeweiligen Staatsanwalts. Es ist noch nicht einmal einheitlich geregelt, bis wie viel Gramm die Justiz von einer „geringfügigen“ Menge ausgeht. Das unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland und kann zwischen 6 und 15 Gramm liegen. Die rechtliche Situation in Deutschland ist also ziemlich paradox, und sogar Polizei und Juristen protestieren dagegen.
Selbst wer Cannabis nicht besessen, sondern nur konsumiert hat, kann in Deutschland durchaus in Schwierigkeiten geraten. Zum Beispiel im Straßenverkehr: Auch wenn jemand so wenig Cannabis geraucht hat, dass er nicht berauscht ist, kann die Polizei ihm den Führerschein abnehmen. Laut Gesetz begeht jeder, der unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ein Kraftfahrzeug führt, eine Ordnungswidrigkeit, die mit Fahrverbot und Geldbuße bestraft werden muss. Aber wann steht man noch unter dem Einfluss der Droge und wann nicht mehr? Die Polizei macht das nicht an der Wirkung fest, sondern beispielsweise am THC-Gehalt im Blut. THC aber hält sich mehr als 12 Stunden im Blut und von einer berauschenden Wirkung ist dann nicht mehr auszugehen. Bislang fehlen Grenzwerte und Messtechniken, die hier den tatsächlichen Einfluss des Cannabis zu einem bestimmten Zeitpunkt sicher feststellen könnten.
Nicht nur in Kiffer-Kreisen, auch unter Staatsanwälten, Richtern und Jura-Professoren findet die bisherige Regelung wenige Freunde. Vertreter eben dieser Berufsgruppen haben sich deshalb im Schildower Kreis zusammengeschlossen. Sie halten das Cannabis-Verbot für schädlich und verfassungswidrig. Ihr Argument: In Deutschland muss ein Verbot dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Das ist im Grundgesetz so vorgeschrieben und bedeutet, dass ein Verbot „geeignet“, „erforderlich“ und „angemessen“ sein muss. Im Fall von Cannabis seien alle drei Aspekte nicht erfüllt, behaupten die Experten.
Viele Kritiker bezweifeln, dass das Cannabis-Verbot im Sinne des Grundgesetzes überhaupt als Verbot „geeignet“ ist. Ziel des Gesetzes sei es schließlich, den Konsum zu reduzieren und tatsächlich würde dies nicht erreicht. Die Experten berufen sich auf Studien, die die Auswirkungen von Verboten auf die Konsumzahlen untersucht haben sowie auf ein Programm der Vereinten Nationen zur Drogenbekämpfung von 1998. Ergebnis auch dieser Studie: Zehn Jahre nach Beginn hatte sich der Konsum durch Repressionen nicht verändert. Das Cannabis-Verbot ist laut Kritikern auch nicht „erforderlich“. Nach unserer freiheitlichen Grundordnung entspreche „erlaubt“ der Standard-Einstellung. Diese Freiheit dürfe nur mit dem „mildesten Mittel“ eingeschränkt werden. Bei Alkohol zum Beispiel gelten Auflagen zum Alter oder Sanktionen für Autofahrten unter Alkoholeinfluss. Gebe es auch solche alternativen rechtlichen Möglichkeiten, sei ein Verbot nicht das mildeste Mittel. Auch bei Cannabis sind laut Experten solche Auflagen denkbar, so dass man, wie bei Alkohol, auch hier ohne ein offizielles Verbot auskommen könnte.
Juristen kritisieren am Cannabis-Verbot auch, dass es nicht „angemessen“ sei und der staatlichen Gemeinschaft mehr schade als nütze. So würden Konsumenten Opfer von Beschaffungskriminalität, die Prohibition fördere den Schwarzmarkt und die Strafverfolgung verschlinge Milliardenbeträge, die beispielsweise in der Drogenprävention besser aufgehoben wären. Mittlerweile haben sich auch Staatsanwälte sowie die Polizeigewerkschaft in den Kreis der Prohibitions-Gegner gereiht. Bisher aber haben die Kritiker des deutschen Cannabis-Verbots ihr Ziel noch nicht erreicht. Im Jahre 1994 hatte das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz schon einmal zu prüfen – das Verbot wurde bestätigt.
Dienstag, 2. Dezember 2014
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